Biblisches

Biblisches · 10. Dezember 2023
Es ist doch erstaunlich, dass wir, unabhängig davon wie tief wir in der christlichen Erzählung wurzeln, jedes Jahr aufs Neue den Advent feiern, der eine Zeit der Erwartung ist, und dass wir gleichzeitig so wenig Bezug zu einem Gottesbild haben, das Gott als einen Kommenden denkt. Als Kind irritierte mich der offenkundige Widerspruch zwischen der atemlosen Erwartung, der ungeduldigen Vorfreude, die man mir kirchlicherseits zu vermitteln trachtete, und der gefühlten Sattheit die aus einer...
Ein Geheimnis in jedem Leiden
Biblisches · 14. September 2022
Als ich 16 Jahre alt war, sagte ein Jesuitenpater zu mir "Es gehört zu den schwersten Dingen im Leben, zu lernen dass man dem Anderen das Kreuz nicht abnehmen kann, das er trägt." Schrecklich eigentlich, dass das Bild von einem Mann, der sein Folter- und Sterbeinstrument auf dem Rücken trägt, halbtot geprügelt und restlos ausgeliefert, in unserem kulturellen Gedächtnis zur Blaupause eines Menschen geworden ist, der seine Leiden annimmt und bis zum Ende und dem "Danach" durchfühlt. Ich...

Frohe Pfingsten!
Biblisches · 05. Juni 2022
Hätte man mich vor 25 Jahren gefragt, was die Christenheit zu Pfingsten feiert, so hätte ich vermutlich mit ratlosen Worten die diffuse Allgegenwart des Geistes abgetastet oder vor lauter Verzweiflung auf den Katechismus zurückgegriffen. Heute weiss ich, dass das vor allem einen Grund hat: Dem Heiligen Geist, wie er mir von katholischer Seite vermittelt worden war, lag ein Geistbegriff zugrunde, der nahezu klinisch rein von jeder Körperlichkeit war. Er war eine Idee - irgendetwas zwischen...
Fest des Lebens
Biblisches · 04. April 2021
Ostern wäre, wenn wir einander Mensch würden. Wenn wir aufhörten, dem Tod zu huldigen. Wenn wir die menschengemachten Tode beweinten, hier in unserer Mitte. Wenn wir die Höllen leerten, die wir selbst bis zum Rand gefüllt haben. Wenn unsere Religion erwachsen würde. Wenn wir aus dem Kindsein aufstünden, das kein Gebet kennt als „Vater, gib, Vater, mach!“. Wenn alles Rettende nicht länger auf den Schultern eines fernen Helden läge. Wenn alles Schmerzliche nicht einem fremden Herren...

Gründonnerstag
Biblisches · 01. April 2021
Wenn ich dich nicht wasche, hast du keinen Anteil an mir. Eine Geste der Demut, eine mütterliche Geste, eine Geste der Hingabe, sicherlich. Und doch noch mehr, eine Handlung, die wie ein mächtiges Symbol, wie ein fortwirkendes Zeichen den Raum einnimmt und das Geschehen überformt, das All-tägliche entgrenzt und in die Weite des Alls fliessen lässt. Wenn ich dich nicht wasche, hast du keinen Anteil an mir. Spricht der Christus, und nimmt deine Füße in die Hände. Deine Füße, diese...
Dissonanzen, Gottes Weltkörper und ein Weihnachtsgruß
Biblisches · 24. Dezember 2020
In diesen Tagen empfinde ich so etwas wie Dissonanz. Dissonanz, das ist zunächst Missklang, da passt etwas nicht zu einem anderen und bereitet einem Unbehagen. (Liebhaber*innen der Neuen Musik mögen mir den Traditionalismus dieser Analogie verzeihen). Die Dissonanz befällt mich bei jeder Gelegenheit. Nehmen wir die Coronakrise: Ich sehe Politiker, die zugunsten des Infektionsschutzes massiv in das Privatleben der Bürger*innen eingreifen, die sinnvollerweise darum bitten, private Kontakte...

Biblisches · 09. Juni 2019
"Wo der Geist Gottes weht, da ist Freiheit!" (2 Korinther 3,17) Ich wünsche Euch allen frohe und gesegnete Pfingsttage! (Die obige Darstellung aus der Lourdes-Basilika zeigt die sieben Gaben des Geistes: Weisheit, Erkenntnis, Rat, Stärke, Einsicht, Frömmigkeit und Gottesfurcht.)
Biblisches · 30. Mai 2019
Christi Himmelfahrt – Der Himmel atmet in uns Eines der Jesusworte am Kreuz ist das “Es ist vollbracht!” Allzu gern hat die Christenheit dieses Wort zum Schlusspunkt des göttlichen Heilsplans angenommen, über die Jahrhunderte zutiefst verhaftet im Konzept von Schuld und Sühnetod. Und auch heute möchten sich viele noch darauf ausruhen, denn das Erlösungswerk sei ja getan, vor 2000 Jahren gewissenhaft erledigt von einem, der ganz Mensch und ganz Gott war. Wäre es so, würde das...

Biblisches · 15. August 2018
Marias Gebet "Magnificat" beginnt mit den Worten: "Meine Seele preist die Grösse des Herrn". Liest man ihr Gebet als Skizze eines inneren Weges, so können wir festhalten: alles beginnt mit einem Lobpreis. Für viele, die ihr Leben heute als chaotisch, bedrückend oder schwierig begreifen, mag das eine Herausforderung sein, die ersten Worte die wir im Gebet an Gott richten, nicht der Klage oder der Bitte zu überlassen. Wer lobpreist, geht gewissermaßen in "Vorleistung" und richtet die innere...