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Fest des Lebens

Ostern wäre, wenn wir einander Mensch würden. Wenn wir aufhörten, dem Tod zu huldigen. Wenn wir die menschengemachten Tode beweinten, hier in unserer Mitte. Wenn wir die Höllen leerten, die wir selbst bis zum Rand gefüllt haben.

Wenn unsere Religion erwachsen würde. Wenn wir aus dem Kindsein aufstünden, das kein Gebet kennt als „Vater, gib, Vater, mach!“. Wenn alles Rettende nicht länger auf den Schultern eines fernen Helden läge. Wenn alles Schmerzliche nicht einem fremden Herren aufgebürdet sondern selbst getragen würde, in tiefer Gemeinschaft ohne all die tiefen Einsamkeiten, die wir verschulden.

Wenn wir lebten, mit einer Lebenslust, die begreift, dass Lebensterben wie Lachenweinen ein untrennbares Wunder ist. Wenn wir hungrig blieben nach dem erfahrbaren Gott, der Kraft die in unseren Adern fließt wie in den Blättern und den Flechten, den Meeren, Felsen, und den Blutgefäßen der Fledermäuse. Nach der erfahrbaren Kraft in unseren Träumen, Liedern, Klagen und Verrücktheiten, in unseren Verirrungen und unserer Reue danach.

Ostern wäre, wenn wir religiöse Erzählungen läsen wie Verliebte, wie Verrückte, wie Dichtende und Deutende, wie Tänzerinnen die etwas verkörpern und wie Blattsägen, die alles zerschneiden, wie Flammen die alles verzehren und verwandeln und mit ihrer Asche etwas ausspucken, was zuvor nicht da war.

Wenn wir begriffen, dass der fallende Stern und die fallende Wimper, das Raunen der Felsen und das Singen der Chöre heilig sind. Wenn wir atmeten, von uns selbst befreit auf diese Art, die endlich Leben ungehindert strömen lässt.

Frohe Ostern!

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